„Einige Stunden später dann die Ankunft im Zentralgefängnis
des NKWD in Potsdam, in der Mirbachstraße.
Der wohl schrecklichste Ort der damaligen Sowjetischen
Besatzungszone.
In einem Sperrgebiet nahe des bekannten Cecilienhofes.
Zuerst einmal die Aufnahmeritualien.
Foto von vorn, Foto von der Seite,
Gürtel und Schnürsenkel abgeben,
alles aus den Taschen entfernt, noch mal gefilzt und ab in die Zelle.
Ein schwach erleuchteter Gang, getrennt von einer Gittertür.
Links und rechts Zellentüren aus Metall mit
Öffnungsklappen und in der Mitte der Spion, ein mit
einer Sichtklappe versehenes Guckloch. ‚RUKI NASAD‘ brüllte der Posten.
Bald merkte ich, daß dies
‚HÄNDE NACH HINTEN‘, also auf den Rücken, bedeutet.
Dann musste man sich noch mit der Stirn an
die Wand lehnen. So und nicht anders hatte sich jeder
Häftling zu verhalten, während der Posten eine
Tür öffnete. Jeder lernte das ziemlich schnell, denn es
wurde brutal nachgeholfen.“
Später im Lager in Workuta:
„Wenn wir zur Arbeit getrieben wurden, versuchte
ich so viel wie möglich, mir von der Umgebung ein Bild
zu machen. Irgendwo im Hinterkopf schwirrte der
Gedanke, von hier zu fliehen. Denn es wurde erzählt,
dass man nach Verbüßung der Strafe das Lager wohl
verlassen könne, aber keiner das Verbanntengebiet
verlassen dürfe. Solche Fälle seien bekannt. Man
kann sogar hier eine Familie gründen,
bleibe aber als halb freier Mensch ewig in dieser unwirtlichen Gegend.
‚Prost-Mahlzeit‘, da lieber doch das Unmögliche
versuchen.“
Quelle: Günter Martins: Ruki nasad, S. 7 f., S. 46