Soziale Fürsorge
Bei der praktischen Hilfe für die Opfer politischer
Repressionen in Russland geht es um die
Verbesserung der sozialen Situation der einstmals
Verfolgten, die meist von existentieller Bedeutung
für die Betroffenen ist. Denn die im Lager verbrachten
Jahre werden ihnen nicht auf die Rente
angerechnet, und oft durften sie ihr Leben lang nur
gering qualifizierte und schlecht bezahlte
Tätigkeiten ausüben.
Das allgemeine staatliche Sozialnetz ist so lückenhaft,
dass MEMORIAL mit materieller Hilfe die
Versorgung der meist kranken Mitglieder sicherzustellen
versucht. Im Rahmen einer „Nachbarschaftshilfe“
kümmern sich gesunde MEMORIAL-Mitglieder
um pflegebedürftige.
Die soziale Arbeit von MEMORIAL unterstützt
MEMORIAL Deutschland vor allem finanziell,
indem es Spenden einwirbt. Dies geschieht u.a.
durch Wohltätigkeitskonzerte, die das Kammermusik-
Ensemble MEMORIAL – eine Gruppe junger
Musiker aus Sankt Petersburg – in Deutschland
gibt. Die Tätigkeit der Mitarbeiterinnen der
Sozialkommission von MEMORIAL wird zu einem
guten Teil durch Patenschaften finanziert, die
Freunde von MEMORIAL in Deutschland übernommen
haben.
Historische Aufarbeitung
Die Aufarbeitung der Geschichte politischer
Repressionen in der Sowjetzeit ist das Anliegen
des Wissenschaftlichen Informationszentrums
MEMORIAL (WIZ). Es besteht aus einer Bibliothek
und einem Archiv, in dem neben Dokumenten auch
Exponate und Kunstwerke aus dem GULag
gesammelt werden. Ein wichtiger Teil der
Forschungsarbeit ist die Lokalisierung von Orten,
an denen Menschen hingerichtet und verscharrt
worden sind. Durch das Aufstellen von
Gedenksteinen werden sie jetzt zu Orten der
Erinnerung. Alljährlich führt die Organisation eine
Expedition zu den Solowki-Inseln durch, wo die
Sowjetmacht bereits zu Beginn der 20er Jahre die
ersten Lager errichtete.
Ein gemeinsames Projekt von MEMORIAL in
Sankt Petersburg und Berlin ist die Ausstellung
„Von Potsdam nach Workuta“ im ehemaligen KGB-Gefängnis
in der Potsdamer Leistikowstraße 1, in
der es um das Schicksal deutscher und sowjetischer
Häftlinge geht.
Die Forschungsvorhaben des WIZ zu fördern und
seine Veröffentlichungen verstärkt in Deutschland
publik zu machen, ist ein Anliegen von MEMORIAL
Deutschland.
Menschenrechtsarbeit
Bei der Arbeit der Menschenrechtskommission
von MEMORIAL handelt es sich vor allem um
juristische Beratung von GULag-Opfern in Rehabilitierungs-
und Restitutionsfragen. Im Jugendgefängnis
in Kolpino bei Sankt Petersburg betreibt
MEMORIAL seit 1994 ein Resozialisierungsprogramm.
Besonders aktiv ist das Moskauer MEMORIAL in
der Menschenrechtsarbeit, beispielsweise mit der
Entsendung unabhängiger Beobachter nach Tschetschenien.
Die Informationen, die bei dieser Arbeit
gesammelt werden, veröffentlicht MEMORIAL in
Broschüren, in einer allwöchentlichen Radiosendung
und im Internet.
Der Förderverein für MEMORIAL/St. Petersburg
e.V. konnte 1999 aus Spendenmitteln die Anschaffung
von Lehrmitteln und die Renovierung von
Unterrichtsräumen im Jugendgefängnis Kolpino
finanzieren. Unter Verwendung des Preisgeldes,
das der Förderverein für MEMORIAL/St. Petersburg
e.V. 2000 von der Robert-Bosch-Stiftung erhalten
hat, wird dort ein altes Gewächshaus
instandgesetzt, um den Jugendlichen eine sinnvolle
Beschäftigung zu ermöglichen und zugleich ihrer
einseitigen Ernährung abzuhelfen.
Eine Auswahl aktueller Berichte von MEMORIAL
aus Tschetschenien bietet MEMORIAL Deutschland
auf seiner Internetseite in deutscher Übersetzung
an.