Tagesablauf
Um 6 Uhr wurden die Gefangenen geweckt und
erhielten die erste Essensration. Es gab wenig und
schlechtes Essen – im Wesentlichen Brot, Suppe
und Brei. Die Gefangenen verhungerten – soweit
bekannt – nicht, aber sie wurden auch nie satt.
Bei Tage waren die Gefangenen sich selbst überlassen.
Es gab keine Möglichkeit, an die frische
Luft zu kommen. Auch zu lesen gab es nichts. Die
Gefangenen versuchten, ihren Tag zu strukturieren,
indem sie ihr Schulwissen rekapitulierten und z.B.
mathematische Gleichungen durch Einritzen an der
Zellenwand lösten.
Sie hielten sich gegenseitig kurze Vorträge aus
ihren Fachgebieten. Neuankömmlinge im Gefängnis
wurden wissbegierig nach den letzten
Nachrichten von „Draußen“ befragt.
Um 22 Uhr begann die Nachtruhe mit dem Abspielen
der sowjetischen Nationalhymne, die Radio
Moskau übertrug – denn nach Moskauer Zeit war
es Mitternacht.
Manche Häftlinge sahen dem Antritt der Lagerhaft
mit Erleichterung entgegen, wie z.B. Maria Fricker:
„Ich war eigentlich froh, dass die Tortur endlich
zu Ende ist. Das Lager kannte man schon vom
Erzählen, das konnte nicht so schlimm sein. Und
es war auch nicht so schlimm wie die Zeit im
Gefängnis, im Keller.“
Hygiene und
medizinische Versorgung
Vor allem in den ersten Jahren herrschten im
Untersuchungsgefängnis katastrophale hygienische
Bedingungen. Körperpflege war nahezu unmöglich.
„Ohne jegliche Möglichkeit der Reinigung oder
notwendiger medizinischer Versorgung vegetierten
wir dahin wie Aussätzige. Krätze und Läusefraß,
von Wanzen und Läusen fast aufgefressen, welche
schlimme Wunden verursachten, verfaulten wir
buchstäblich am lebendigen Leibe. Die Wunden
eiterten im Laufe der Zeit so stark, dass uns der
Eiter am Körper hinunterlief, sobald wir uns
bewegten.“ (Heinz Schwollius)
Die Häftlinge mussten ihre Notdurft in den Zellen
in die dafür vorgesehenen Kübel verrichten. Das
Leeren der Kübel wurde in der ersten Zeit noch
von den Wachen übernommen, später mussten die
Häftlinge dies selbst tun.
Die Untersuchungshäftlinge trugen die ganze Zeit
über die Kleidung, die sie am Tage ihrer Verhaftung
anhatten. Die mit der Zeit verschlissene Kleidung
hing den Gefangenen wie Lumpen vom Leibe.
Die Mehrheit der Häftlinge bekam während der
Zeit ihrer Untersuchungshaft nicht ein einziges Mal
einen Arzt zu sehen. Die unzureichende oder gar
fehlende ärztliche Behandlung verschlimmerte
bereits bestehende Krankheiten wie Leber- und
Nierenerkrankungen, Tuberkulose, Typhus und Ruhr.
Die geringe und zudem nährstoffarme Ernährung
verursachte Zahnausfall durch Vitaminmangel
(Skorbut) und einen mit schweren Mangelzuständen
verbundenen drastischen Gewichtsverlust (Dystrophie).
„Das wenige zugestandene Trinkwasser war der
einzige Wasservorrat und als Waschbecken diente
zwangsläufig die Essschüssel. Es gab auf dem
Hof eine Latrine. Die Dauer, um die Notdurft zu
verrichten, war von der Laune des Postens
abhängig.“ (Joachim Lange)
Von 1945 bis 1948 gab es für die Häftlinge keine
Möglichkeit, sich zu waschen.
Ab Ende 1948 stand ihnen ein Toiletten- und
Waschtrakt im Garten zur Verfügung. Die Nutzung
der Anlage hing jedoch von den Launen der Wachposten
ab. Jeder Häftling wurde zumindest einmal
am Tag dorthin geführt.
Der Waschraum wurde vermutlich erst 1952 eingerichtet.