Die Häftlinge, die aus Potsdam in die Sowjetunion
deportiert wurden, gerieten in das
System sowjetischer Strafarbeitslager, den so
genannten GULag. Dieser Begriff ist streng
genommen nur die Abkürzung für die
„Hauptverwaltung der Lager“, wird aber
gewöhnlich zur Bezeichnung des gesamten
Lagersystems verwendet.
Dessen Anfänge reichen bis in das Jahr 1918
zurück. In dieser Zeit sollten politische Gegner
isoliert und Kriminelle durch Arbeit gebessert
werden. Ab 1928 wurden die Gefangenen
zum Wirtschaftsfaktor. Die Idee der Umerziehung
blieb in dem beschönigenden
Begriff der „Besserungsarbeitslager“ erhalten.
Stalins Alleinherrschaft, der Aufbau der zentralen
Planwirtschaft und die Errichtung der
Lager begannen zur selben Zeit. Die Haftzeiten
wurden deutlich verlängert und die
Einsatzbereiche für Lagerzwangsarbeit ausgeweitet.
Die Häftlinge arbeiteten zunächst vor allem
in der Holzindustrie, später auch in Bergwerken
und beim Eisenbahn-, Straßen- und
Kanalbau. Zwangskollektivierung in der Landwirtschaft
ab 1929 und Massenrepressionen
1937/38 (Großer Terror) erhöhten die Gefangenenzahlen
schlagartig.
Eine weitere Einweisungswelle in die Lager
setzte nach dem Zweiten Weltkrieg ein. Es
kamen sowjetische Freiwillige, die auf deutscher
Seite gekämpft hatten, angebliche
oder tatsächliche Kollaborateure in den
sowjetisch verwalteten oder okkupierten Gebieten,
sowjetische Kriegsgefangene aus
Deutschland, Zwangsarbeiter, die in Deutschland
eingesetzt waren und „repatriierte“
russische Emigranten, deutsche Kriegsgefangene,
die als Kriegsverbrecher verurteilt
wurden, sowie Zivilisten aus der
Sowjetunion, der DDR und anderen Ländern.
Die Zahl der Lagerinsassen, bis heute
Gegenstand kontroverser Diskussionen,
unterlag im Laufe der Zeit einigen
Schwankungen. Anfang 1953 gab es die
meisten Häftlinge im GULag.
Nach Stalins Tod wurden viele Häftlinge
amnestiert und das Lagersystem stark verkleinert.
Die zentrale Verwaltungsbehörde
mit dem Namen „GULag“ wurde 1956 aufgelöst.
Lager für politische Häftlinge existierten
in Russland allerdings noch bis 1992.